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INDIVIDUELLE PROJEKTE

Strafpraktiken und Justizräume

Orientiert am Ansatz der Verflechtungsgeschichte (histoire croisée) widmet sich das Projekt einer Untersuchung des Verhältnisses von Strafpraktiken und Justizräumen im Alten Reich (einschließlich der habsburgischen Territorien). Gefragt wird einerseits nach den Modi, mit denen sich Strafpraktiken auf den Raum als Ressource stützten, und wie sie dabei dazu beitrugen, Justizräume in einem imperialen Rahmen zu konstruieren. Zum anderen sollen die rekursiven Effekte untersucht werden, die aus den Überschneidungen und Interferenzen dieser Räume für den Strafvollzug resultierten.

Schwerpunkte sind notwendigerweise die Verknüpfung unterschiedlicher Ebenen des Reichsverbundes (Reichsstädte, Territorialstaaten, Reichskreise, Kaiser ...) und die Frage nach der Verwaltung von Grenzen zwischen diesen verschiedenen politischen Einheiten. Vor allem aber soll – zunächst am Beispiel der Verweisungsstrafen – die Entstehung von und der Umgang mit Zwischenräumen untersucht werden, die sich an diesen Grenzen bildeten und die Zonen des Kontakts, des Austauschs und des gemeinsamen Handelns darstellten. Entstehen soll so eine Verflechtungsgeschichte von Strafpraktiken, die nach den Interaktionen von sozialen Akteuren fragt (sowohl auf der Ebene des regulierenden Handelns der Obrigkeiten wie auf jenem der Aneignungen durch die Untertanen), nach den Zirkulationen von Praktiken und Wissensbeständen, die einen Prozess hervorbrachten, der grundlegend für den Wandel der Strafpraktiken am Übergang zur Moderne war.


Sozialgeschichte der Einsperrung

Wie entstand die moderne Freiheitsstrafe? War sie das Ergebnis einer sich überall ausbreitenden ominösen Disziplinarmacht? Und waren die seit der Frühen Neuzeit entstehenden Zuchthäuser und Strafanstalten von der Außenwelt abgeschnittene „totale Institutionen“, in denen sich das Leben nur nach vorgegebenen Regeln bestimmte? Um diese Frgen zu beantworten, werden gesellschaftliche Diskurse und Veränderungen des Rechts ebenso untersucht wie institutionelle Praktiken, mit denen es gelang, die Anstalten über die Zeiten hinweg zu verstetigen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Alltag der Einsperrung und seinen materiellen Voraussetzungen.

Das Zusammenleben von Insassen und Personal wird dabei als ein von Verflechtungen geprägtes soziales Miteinander analysiert, zu dem Gewaltausübung und Zwang ebenso gehörten wie sexuelle Kontakte, Tauschbeziehungen, Aneignungen und Überschreitungen von Strukturen und Grenzen, Widerstand und kreative Umgehungen aufgestellter Regeln. In der Einsperrung, so die These, wurde unter den spezifischen Bedingungen eines institutionellen Ordnungsarrangements und unter der Voraussetzung ungleich verteilter Handlungschancen Macht behauptet und bestritten, Herrschaft ausgeübt und bezweifelt, diszipliniert und eigensinnig gelebt. Hier fand „gefangene Gesellschaft“ statt.

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KOOPERATIONSPROJEKTE


Neue Ansätze zur Geschichte des Alten Reichs in der Frühen Neuzeit

(mit Christophe Duhamelle, EHESS/CRH; Barbara Stollberg-Rilinger, Universität Münster; Matthias Schnettger, Universität Mainz; Guillaume Garner, ENS-LSH Lyon)

Die Erneuerung der Reichsgeschichte, die in Deutschland vor etwa dreißig Jahren einsetzte, befreit sich gegenwärtig aus einer gewissen disziplinären Beschränkung (insbesondere aus der Konzentration auf die Institutionengeschichte). Dabei verbindet sie Anliegen der allgemeinen Geschichte mit einer Infragestellung der Paradigmen des Staates und der Nation im 16. bis 18. Jahrhundert, konfontiert diese aber auch mit neuen, innovativen thematischen Ansätzen (Kommunikationsgeschichte, politische Rituale usw.). Französische Historiker haben in dieser Entwicklung eine eingeschränkte, gleichwohl aber aktive Rolle gespielt, die in Deutschland – und paradoxerweise auch in Frankreich – ein vergleichsweise geringes Echo gefunden hat. In komparatistischer Perspektive eine Bilanz der Reichsgeschichte zu ziehen, erscheint deshalb heute mehr als notwendig, um gemeinsam neue Ansätze zu entwickeln und zu versuchen, für die Geschichte des Alten Reichs Interesse auf beiden Seiten des Rheins zu wecken.

Drei Schwerpunktsetzungen werden das zweijährige Projekt über die gesamte Laufzeit hinweg thematisch bestimmen: 1. Raum, Grenze, Territorium und Kommunikation, 2. Anthropologie von Politik und Recht, Ebenen des Politischen, 3. Eine Sozial- und Wirtschaftsgeschichte des Alten Reichs? Bearbeitet werden diese Themen einerseits in einem monatlich abgehaltenen Seminar (ungefähr sechs Sitzungen im Jahr) mit Referenten aus Deutschland und Frankreich sowie unter Beteligung von interessierten Kollegen, Nachwuchswissenschaftlern und Doktoranden, sowie andererseits zwei wissenschaftlichen Tagungen (Eröffnungsworkshop und Abschlusstagung) und einem deutsch-französischen Doktorandenatelier in der Mitte der Projektlaufzeit.

Link: http://www.saint-empire.fr (Webseite des Projekts)

Gefördert vom CIERA.


Vergleichende Geschichte monastischer und weltlicher Einsperrungspraktiken

(mit Isabelle Heullant-Donat, Universität Reims-Champagne Ardenne; Julie Claustre, Universität Paris 1-Panthéon-Sorbonne; Elisabeth Lusset, Universität Paris Ouest/ Nanterre-La Défense)

Das Projekt versucht, in einer Perspektive der langen Dauer (d. h. vom Mittelalter bis zum Ende des 19. Jahrhunderts) jene Praktiken zu untersuchen, die unterschiedliche Orte und Institutionen (Klöster, Gefängnisse, Hospitäler, psychiatrische Anstalten usw.) miteinander verbanden. Ausgangspunkt ist dabei die Beobachtung, dass gemeinsamer Fluchtpunkt aller dieser Einrichtungen der verschieden ausgestaltete, aber konstante Rückgriff auf ein Ensemble von Wissensformen, Dispositiven und Prozeduren der Kontrolle und Vervollkommnung ist, das auf der Abschließung der Innen- von der Außenwelt beruht.

In enger Kooperation mit dem Verein „Renaissance de l’Abbaye de Clairvaux“ kombiniert das Projekt wissenschaftliche Veranstaltungen (Tagungen, Workshops) und Angebote für ein breiteres Publikum (Austellungen, öffentliche Vorträge), wobei im Moment vier Themen im Vordergrund stehen: Regeln und Regellosigkeit in der Einsperrung, Einsperrung und Geschlecht, Räume der Einsperrung, Einsperrung und Arbeit.

Link: http://www.enfermements.fr (Webseite des Projekts)

Gefördert vom Exzellenzcluster Hastec.


MetaLEX – Digitale Metalexikographie der historischen Rechtssprachen in Europa

(mit Rainer Maria Kiesow, EHESS, Claudine Moulin, Vera Hildenbrandt und Thomas Burch, Universität Trier)

Eine umfassende Dokumentation des Wortschatzes der historischen Rechtssprachen in Europa existiert bislang allenfalls in Ansätzen. Ziel des Projekts MetaLEX ist, diese Forschungslücke durch den Aufbau eines quellenbasierten, dynamisch angelegten und interdisziplinär konzipierten metalexikographischen Informationssystems zu den historischen Rechtssprachen in Europa zu schließen. Das als Pilotprojekt zu verstehende Vorhaben basiert auf drei Quellentypen und fokussiert zeitlich zunächst den Zeitraum zwischen 1700 und 1900. Das entstehende Informationssystem ist generisch angelegt und soll in einem Folgeprojekt einen größeren Zeitraum abdecken und potentiell eine unbegrenzte Anzahl von Quellen beherbergen können.

MetaLEX ist zu verstehen als historisches Begriffsinformationssystem der europäischen Rechtssprachen, das keine Wörterbuchartikel im „traditionellen“ Sinne bietet, sondern unter Ausnutzung von Recherche- und Visualisierungsmethoden sowie Analyseverfahren der Digital Humanities und der Informatik historische Wortkonzepte in ihrer zeitlichen Entwicklung abbildet. Im Fokus steht dabei nicht das Einzelwort (z. B. „prison“), sondern ein mehrsprachiges „Lemmacluster“ („Gefängnis“, „Zuchthaus“, „Workhouse“, „enfermement“, etc.), um das der Benutzer selbst die Informationen aus den Quellen gruppieren und u. a. in ihren zeitlichen und räumlichen Kontexten visualisieren kann, um so Zusammenhänge und Abhängigkeit im europäischen Rechtswortschatz wie auch in den zugrundeliegenden Quellen neu erforschen zu können. MetaLEX wird somit eine mehrsprachige konzeptorientierte Metasuchmaschine sein, ein dynamischer und vernetzter metalexikographischer Wissensspeicher zur Erschließung der historischen Rechtssprachen in Europa im Zeitraum von 1700 bis 1900. MetaLEX ist historisch verankert, soll aber langfristig und in der Vollausbaustufe zudem eine Folie für die Aufarbeitung und Reflexion der aktuellen rechtlichen Mehrsprachigkeit in Europa sein.

Gefördert von der FMSH und dem Trier Center of Digital Humanities.


Saisir l'Europe – Europa als Herausforderung. Ein deutsch-französisches Netzwerk in den Geistes- und Sozialwissenschaften

(Mitglied im Leitungsgremium; mit Daniel Schönpflug Leiter des Teilprojekts „Urbane Gewalt“)

Das Netzwerk „Europa als Herausforderung“ hat sich zum Ziel gesetzt, Europa in einer transdisziplinären und internationalen Perspektive neu zu denken. Mitgliedsinstitutionen des Netzwerks sind die Humboldt-Universität zu Berlin, das Centre Marc Bloch, die Goethe-Universität Frankfurt/M., das Institut français d’histoire en Allemagne, das Centre interdisciplinaire d’études et de recherches sur l’Allemagne, das Deutsche Historische Paris und die Fondation Maison des sciences de l’homme. Herzstück der gemeinsamen Forschungsarbeit bildet eine thematische, interdisziplinäre und internationale Kooperation in den drei Bereichen des Sozialstaats, der Nachhaltigkeit und der urbanen Gewalt.

Link: http://www.saisirleurope.eu (Webseite des Projekts)

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PROJETS PEDAGOGIQUES

Wegweiser für deutsch-französische Nachwuchswissenschaftler

(mit Mareike König, Deutsches Historisches Institut Paris; Pierre Monnet, EHESS/Institut français d’histoire en Allemagne Frankfurt/M.)

Ziel dieser von mehreren Organisationen des deutsch-französischen Wissenschaftsaustauschs getragenen Initiative ist es, Nachwuchswissenschaftlern, die einen Teil oder die Gesamtheit ihres Studiums oder ihrer Promotion in Frankreich oder in Deutschland absolvieren wollen, zu helfen, diesen Aufenthalt zu einem Erfolg zu machen. Ein erster Wegweiser, der sich an Studenten und Nachwuchswissenschaftler richtet, die nach Frankreich gehen wollen, wurde 2011 veröffentlicht. Er bietet seinen Lesern ein reiches Panorama an Informationen über die Strukturen von Forschung, Archiven, Bibliotheken oder Zeitschriften, aber auch Hinweise zur Finanzierung des Forschungsaufenthaltes und zur Integration in den akademischen oder nicht-akademischen Arbeitsmarkt.

Ein zweiter solcher Wegweiser, dieses Mal für Studierende, Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland ist in Vorbereitung und soll 2013 erscheinen. Die deutsch-französische scientific community wird damit über zwei gleichwertige Hilfsmittel verfügen, die als Ganzes ein markantes Beispiel für die theoretische wie praktische Interkulturalität in der deutsch-französischen Wissenschaftsgemeinschaft darstellen werden.

Links: guide « Faire de l'histoire en Allemagne: un guide pour les jeunes chercheurs français  » ; Wegweiser « Geschichte machen in Frankreich. Ein Wegweiser für Studium, Forschung und Karriere »

Gefördert vom DHI Paris, dem IFHA Frankfurt, der FMSH und der DFH.

PROJEKTE